Donnerstag, 11. August 2011

Abgesang!

Es ist soweit. Nur noch wenige Tage trennen mich von Deutschland. Einerseits ist das spannend: Ich weiß irgendwie schon, was mich erwartet, aber doch nicht so wirklich. Und andererseits kann ich mich noch gar nicht richtig hier loslösen. Heut war ich ein bisschen außerhalb von Pune am Sinhagad Fort und dort ist es während der Regenzeit so schön grün und ganz urwaldig, dass ich es mit solcherlei Ausflügen noch eine ganze Weile hier aushalten könnte.

Mein erstes Resumée lässt sich mit drei Fragen beantworten:

Was ging in diesem Jahr verloren?

1 Paar Trekkingsandalen
1 Taschenmesser
1 Badeanzug + Handtuch + Deutsches Deo + 1 Tube Elmex samt Zahnbürste
5 Ohrringe
ca. 5 Paar Socken
1 Portemonaie + ca. 150 €
1 Führerschein
3 Kreditkarten
1 Scooter-Registrierungskarte
1 Sonnenbrillenglas
1 indische Sim-Karte
1 10-Yen-Münze
2 Regenjacken
1 Regenhose

Eigentlich bin ich darauf ja nicht besonders stolz, aber dies soll auch als Hinweis dienen. Bitte, liebe Leute da drüben:Passt auf, dass ich auf meinen Kram aufpasse, wenn ich wieder bei euch bin!

Was beinahe verloren ging, waren im Übrigen eine Tasche mit Portemonaie, Reispass, Handy etc., , eine Sonnenbrille, ein Schal, ein nagelneues Handy etc. Glücklicherweise konnten diese Verluste aufgrund von wachsamen Augenpaaren meiner Mitmenschen vermieden werden. Hiermit bedanke ich mich bei allen, die auf mich und meine (Wert-)Sachen im vergangenen Jahr so gut wie möglich aufgepasst haben.

Was wird bleiben?

Viele, unheimliche viele schöne Erinnerungen. Einige weniger schöne Erinnerungen und das Gefühl, dass ich hier wirklich was geleistet habe. Zwar in erster Linie für mich selbst und weniger als "Entwicklungshelferin für Indien", aber immerhin. Ich glaub ich habe mich wirklich ein wenig verändert, aber seht und erfahrt es selbst, wenn ich zurück bin.
Ich werde vieles hier vermissen: Einige sehr liebgewonnene Menschen, Pune im Allgemeinen, das verrückte Land, den besonderen Himmel, die Farben, die Gerüche, den Verkehr, das Motorroller fahren, das Obst, die Straßenstände, das Mitbringsel-Shopping und vor allem das Indiengefühl - einfach unbeschreiblich.

Was wird kommen?

Das bleibt die große Frage. Ich bin gespannt, wie es da drüben aussieht. Ich habe bestimmt so vieles, was ich an der Heimat bisher schätzte, vergessen und werde sicher mit einem skeptischen etwas entfremdeten Blick ankommen und erstmal ganz vorsichtig alles beschnuppern, ehe ich mich wieder in den Alltag stürze.

Und somit beende ich meinen kurzen Diskurs mit den letzten Worten eines meiner Lieblingstheaterstücke aus alten Zeiten, der Odyssee: Ich weiß ja nicht, was jetzt noch kommt...

Freitag, 8. Juli 2011

Im Hohen Norden in Sikkim und Darjeeling - Ein kleiner Rückblick


Die Zeit rennt. Nein, sie sprintet! Es sind schon wieder fast fünf Wochen vergangen seit ich aus meinem letzten längeren Urlaub zurückgekommen bin und es sind nicht einmal mehr fünf Wochen bis ich zum (vorerst) letzten Mal in ein Flugzeug am Pune Airport steigen werden. 

Mit den Gedanken bin ich mittlerweile schon eher auf der Heimreise, als noch im Himalaya. Das liegt aber absolut nicht daran, dass die zwei Wochen im Norden Indiens nicht ausreichend beeindruckend waren. Ganz im Gegenteil! Dieser letzte Urlaub war für mich definitiv nicht nur höhenmetertechnisch ein kleiner Höhepunkt meines Indienjahres.
Schon die An- und Abreise hat die vorherigen Urlaube weit in den Schatten gestellt. Mit einer kleinen Auflistung der in den entsprechenden Verkehrsmitteln verbrachten Reisezeit versuche ich euch das Ausmaß unseres Reisemarathons möglichst authentisch zu vermitteln… J

30 min – Roller: Von meiner Wohnung zu Jana und Franzi (meine zwei Mitreisenden)
15 min – Rikscha: Zum Flughafen
5 h – Flugzeug: Von Pune nach Kolkata
1h – Taxi: Vom Flughafen zum Busbahnhof
17 h – Non A.C. Bus (extrem, extrem, extrem ekelhaft schmutziger Bus): Von Kolkata nach Siliguri
6 h – Jeepgeholper: Von Siliguri nach Yuksom

Man  kann sich unschwer vorstellen, dass diese Fahrt war wirklich kein Zuckerschlecken war, ganz besonders nicht für Menschen mit schwachen Blasen ;-) Aber die Strapazen haben sich wirklich mehr als gelohnt!

Sikkim liegt ganz im Norden Indiens an der Grenze zu Nepal und Tibet. Die Schweiz-verrückten Inder nennen Sikkim auch „Switzerland of India“. Ich kann euch sagen das ist wirklich ein riesiges Kompliment an die Schweiz! Sikkim ist wunder-, wunderschön:
Hügel, Berge und Gebirge so weit das Auge reicht, schmale, holprige Straßen verbinden kleine Dörfer mit bunten Holzhäuschen, bunte buddhistische Gompas, glatzköpfige Mönche in orangefarbenen Roben und natürlich viele, viele tibetische Gebetsflaggen. Diese ländliche Idylle ist wirklich absolutes Kontrastprogramm zum schmutzigen Pune.
Von Yuksom aus sind wir mit einem Führer, Koch, diversen Handlangern und Packpferden dann für fünf Tagen durch das Himalayagebirge gewandert. Ich habe in meinem Leben glaube ich noch nie etwas so Beeindruckendes gesehen wie die schneebedeckten Gipfeln der 8000er Gebirgskette!
Auf dem Rückweg nach Kolkata haben wir dann noch einen Abstecher in die Teehauptstadt Darjeeling gemacht. Dort haben wir kräftig Andenken eingekauft, Klöster besichtigt und sind mit der Schmalspureisenbahn gefahren.
Aber  weil Bilder einfach mehr sagen – hier ein paar Eindrücke aus 14 wunderbaren, eindrucksvollen Tagen im hohen Norden:





Dienstag, 5. Juli 2011

PRAYATNA nach der Sommerpause

In unserer Einsatzstelle hat sich während der Sommerpause so Einiges getan. Nicht nur die vielen neuen Lehrer und Helferinnen überforderten uns in den ersten Tagen ein wenig. Auch die Klassenverbände wurden verändert und das ganze Haus + Nebengebäude umgestaltet. Das heißt, es gibt jetzt 4 bis fünf neue Lehrerinnen, ca. 10 neue Schüler und viel mehr Platz.
Leider gibt es auch ein wenig Schwund. Farrah, eine der jüngsten und am besten ausgebildeten Lehrerinnen hat uns letzte Woche aufgrund von Hochzeitsplänen und familiären Krankenpflegeverpflichtungen verlassen und der kleine Kumar, ein ziemlich schlauer 6-jähriger Down-Syndrom-Junge wurde von seiner Mutter in ein Heim gegeben und wird wohl auch nicht wieder in die Schule zurückkommen. Dafür sind unter den neuen Schülern so einige Härtefälle, die nicht so recht unter Kontrolle zu bringen sind. Einige Lehrer und auch die Chefinnen sind da ziemlich traditionell und schlagen schnell zu, gerne auch mit allem, was gerade so rumfliegt. Es macht nicht besonders viel Spaß bei solchen "Prügelaktionen" daneben zu stehen und zuzusehen, vor allem, wenn man weiß, dass man damit gerade bei autistischen und extrem hyperaktiven Kindern gar nichts erreicht. Leider wissen wir auch nicht in wie weit wir das ganze tolerieren sollen, oder ob man sich als Freiwillige einmischen darf. Im Großen und Ganzen macht der Unterricht aber einen guten Eindruck und man merkt, dass man sich sehr bemüht sinnvolle Unterrichtseinheiten zu gestalten und ein Schulkonzept zu entwickeln.
Das Büro der Chefinnen befindet sich direkt neben der Küche, damit die drei Grazien den beiden Mauschis (Sunita und Shenaz) immer schön in die Töpfe gucken können. Hier wird auch gerne mal ein wenig gestritten, gemeckert und getratscht, weil ja jeder alles sowieso besser weiß als alle anderen.
Bastelstunde mit Nandini. Das ganze Jahr über werden in den Klassen aus alten Zeitungen und Zeitschriften PaperBags hergestellt, die dann im Einzelhandel zur Verwendung kommen. Das ist in Indien sehr im Kommen und gehört in sämtlichen Behinderteneinrichtungen zur Standardbeschäftigung.

Semran ist neu in der Schule und in der Special Care Unit. Hier wird sie mit drei weiteren schwerbehinderten Schülern vor allem mit sensorischen Reizen beschäftigt, was mal mehrund mal weniger gut gelingt und recht anstrengend ist.

Die Kinder in der Transition Class lernen Lesen, Schreiben und Rechnen und seit Neustem dürfen sie auch hin und wieder an den zwei Schul-Computern Spiele spielen und Wörter und Sätze abtippen.

In den zwei Vocational-Gruppen wird vormittags erstmal eine Stunde lang Gemüse gewaschen, geschält und geschnippelt, bevor die Köchin Shenaz alles in sehr leckeres indisches Essen verwandelt.

Die kleinsten Schüler sind in der Reception Group und haben im neuen Haus endlich einen recht großen und kindgerecht eingerichteten Raum, in dem sie spielen und eine Art Vorschulunterricht erhalten.

Montag, 4. Juli 2011

Die IASN - Was und wie war das jetzt eigentlich?!


Der ein oder andere wird sich vielleicht aus einem älteren Blogeintrag noch an diesen Namen oder die “internationale” Konferenz erinnern. 

Seit Monaten hatten wir das Internet nach Ärzten, Spezialisten, Forschern, Hilfsorganisationen und Therapeuten durchforstet um sie zu dieser Konferenz einzuladen. Eine Aufgabe, die manchmal eine kleinen detektivische Herausforderung darstellte, da die Kontaktadressen dieser Personen gar nicht so leicht ausfindig zu machen waren.
Wir wussten während dieser Phase der Vorbereitung selbst nicht zu was genau wir da eigentlich Einladungen verschickten und wie sich Dr. Oswal und Prasad die Konferenz genau vorstellten.  Wir tappten im Dunklen und hofften darauf, dass uns Prasad noch früh genug in seine Visionen einweihen würde. Immerhin hatte es einmal geheißen „Ihr könntet eine internationale Konferenz organisieren" und ohne weitere Informationen fiel es ein wenig schwer bei der Planung mitzuwirken.
Die Konferenz rückte immer näher, es flatterten ausschließlich Absagen in unser Postfach und unser Ansprechpartner Prasad war in der Schweiz unerreichbar.

War das wochenlange E-Mailadressen sammeln und E-Mails verschicken nur eine leere Freiwilligenbeschäftigungsmaßnahme gewesen? 

In der Woche vor der Konferenz musste ich Prasad mehrmals anrufen um zu erfahren, dass alles geplant sei und ich bei der Vorbereitung nichts mehr helfen müsse - nur kommen solle ich (Caro, die Glückliche, war zu der Zeit mit ihrem Vater in Nepal unterwegs).
Außer der Information, dass Dr. Oswal, ein Gastsprecher aus den USA und „some indian doctors“ sprechen würden wusste ich also nicht so Recht was mich an diesem Samstagmorgen erwarten würde...

Nun ja, der Gastsprecher aus den USA entpuppte sich als ein Patientenvater, der regelmäßig nach Indien reist, da seine Tochter mit G-Therapy behandelt wird. Er selbst ist Ergotherapeut und stellte in seinem „Vortrag“ die Behandlungsmethode einer anderen Ärztin vor. Die „some indian doctors“ war EIN Neurologe aus Pune, der über die Entwicklungsmeilensteine von Kindern sprach. Zum Abschluss stellte Dr. Oswal dann noch seine homöopathische G-Therapy und deren Erfolge vor. Zur Krönung führte er dann seine großen Erfolge vor: 
Zuerst präsentierte er ein„Vorher-Video“ auf Leinwand um danach die Kinder in den Saal marschieren zu lassen, damit sich die Gäste höchstpersönlich von den Behandlungserfolgen überzeugen konnten. Ein roter Faden war in diesem Programm nicht wirklich zu erkennen und nach einem, im Wartezimmer servierten, Lunch war der Spuk vorbei. 
Zum Glück! Ich habe mich während der ganzen Veranstaltung sehr unwohl um fehl am Platz gefühlt.
Immerhin war der Vortragsraum gut gefüllt. Das Publikum war eine bunte Mischung aus bekannten Ärzten, Therapeuten und Patientenfamilien. 
Das wochenlange Sammeln von Adressen und Verschicken von E-Mails hätten wir uns wirklich sparen können! Prasad meinte nur, dass man jetzt auch auf internationaler Ebene schon mal vom Center und der Konferenz gehört hätte, das spreche sich nun herum und beim nächsten Mal kämen dann schon einige internationale Gäste.
Ich hege da ja so meine Zweifel und war einfach froh, dass ich mit dem Wissen nach Hause gehen durfte, dass die Sommerferien in der Prayatnaschule endlich vorbei waren. 

Unseren letzten Arbeitsmonat werden wir jeden Tag in der Schule sein und nur an zwei Nachmittagen ins Center gehen um unsere letzten beiden Aufgaben zu Ende zu bringen: Ein Wandbild für den Warteraum und eine Informationsbroschüre für Patienten aus dem Ausland. So werden immerhin zwei Dinge unserer „Arbeit“ bleiben.

Freitag, 3. Juni 2011

Das wichtigste Ereignis im Leben der InderInnen


Heiraten
Leute, die in Indien nicht bis dreißig unter der Haube sind, werden meist etwas schräg angeschaut. Das ist nicht normal. Daher sind die meisten Veranstaltungshäuser für große Ereignisse wie dieses auch bis zu zwei Jahre im Vorraus ausgebucht. Das hab ich mir auf der Hochzeit von Alisha, einer guten Freundin aus Pune, sagen lassen.
Zu dieser Festivität war ich vor Kurzem eingeladen und durfte eine echte Love-Marriage miterleben. Sehr viel weniger verkrampft als die, die ich mit Jana in Jarkhand besucht habe.
Nur ein paar wenige Zeremonien, dafür aber viel zu Essen und ein strahlendes Paar. So, wie sich das gehört. Das einzig verrückte: das Ganze begann 7 Uhr morgens, wenn alle Inder normalerweise noch gemütlich in ihren Kojen liegen. Und das alles wegen des "Glücklichen Zeitpunktes", der von einer hinduistischen Priesterin astronomisch berechnet und auf 9:15 Uhr festgelegt wurde. Na ja, was man nicht alles für gute Freunde tut.

Zuerst lässt man sich mal auf einer der Vorzeremonien blicken und wenn man möchte bekommt man mit Hennapaste ein hübsches Mendhi auf Hand und Arm gemalt.
Bei der Braut dauert das ungefähr einen kompletten Tag mit Komplettverziehrung von Armen und Beinen.
Dann gibt es am Festtag eine Fotosession mit mehreren Fotografen und Kamerateam.
Anschliessend zwei bis drei Stunden aufwendige Zeremonien, bei der die ganze Hochzeitsgesellschaft ein wenig eingeräuchert wird.
Und zum Abschluss mindestens eine Stunde lange Fotos mit allen Gästen und in den verschiedensten Familienkonstellationen. Auf hiesigem Bild die deutschen Freunde des Paares: die ehemaligen Gasteltern vom Bräutigam (drei Monate Sommer-Uni in Düsseldorf) und ich :-)

Im Großen und Ganzen eine schöne Veranstaltung, bei der ich erleben durfte, wie unterschiedlich Hochzeiten in Indien sein können.

Was die Zukunft bringt:


Derzeit verändert sich doch so einiges in Pune. Seit geraumer Zeit gibt es unheimlich leckere, immer größer und billiger werdende Mangos zu kaufen. Leider hat diese Veränderung nicht nur Gutes an sich, weil die Mango-Saison gleichzeitig auch die Regenzeit ankündigt und die kommt dieser Tage ziemlich heftig daher. Während es in der vergangenen Woche lediglich kurze, wenig spektakuläre Regenschauer gab, ist seit gestern der Teufel los. Irgendwann am Nachmittag fängt es an mit allem was dazu gehört: Blitz, Donner, Wind und lange Bindfäden, die vom Himmel fallen.
Ob es heut noch aufhört, wage ich zu bezweifeln. Das einzig Gute: die Temperaturen fallen auf angehme 25 °C. Das wirklich schlechte: Der Strom wird sehr viel häufiger ausfallen und gestern hatte ich zum ersten Mal für 24 h kein Wasser.

Und das in einer Stadt, die als eine der modernsten und am weitesten entwickelten Städte in ganz Indien gilt und immer weiter wächst und wächst. Im Reiseführer von 1989 ist Pune mit einer Bevölkerungszahl von 900 000 Einwohnern verzeichnet. Heute kann man locker von 4,5 bis 5 Mio. Menschen ausgehen. In den Aussenbezirken wird kräftig aufs freie Feld gebaut, neue Straßen entstehen und in den beliebten Wohngegenden stopft man auch noch die letzte Baulücke zu. Leider nicht immer erfolgreich. Es gibt unzählige Baustellen, auf denen die Wanderarbeiter aus ganz Indien für wenig Bezahlung und mit teilweise sehr primitivem Gerät schuften. Auch die Zahl der Bauruinen ist hoch. Viele Häuser und vor allem die Shopping Malls in den Aussenbezirken werden viel zu überdimensioniert geplant, die Ladenmieten sind zu hoch und somit sind sie größtenteils völlig verwaist. Was in der Zukunft mit all diesen Häuserruinen und dem, was derzeit auf die grüne Wiese gesetzt wird, passiert, lässt sich aus heutiger Sicht nur schwer vermuten. Da es hier wohl auch keine znetrale Stadtplanung gibt, werden die neu entstehenden Stadtteile in ihrer Straßenführung wohl irgenwann genauso chaotisch aussehen, wie der Rest Punes. Hoffentlich wird wenigstens die Wasser- und Stromversorgung nicht schlechter.

Dienstag, 31. Mai 2011

Cats and Dogs


In Pune kündigt sich langsam aber sicher die kommende Regensaison an. Es wird nachts kühler, der Wind pfeift um die Häuser, hin und wieder bildet sich ein drückender Wolkenteppich am Himmel, der sich in kurzen Regengüssen entlädt und das trockene Klima endlich vertreibt. Der "mango-rain", welcher viele frische leckere Mangos mit sich bringt!
Jana ist gerade in den Bergen zwischen Darjeeling und Sikkim unterwegs und schlürft wahrscheinlich gerade eine schöne Tasse heißen frisch aufgebrühten Tee, nachdem sie einige Tage in den Bergen herumgekraxelt ist, während ich am anderen Ende Indiens die Stellung halte und meinen eigenen Urlaub vorbereite.
Da es derzeit sehr ruhig hier in Pune ist und die meisten anderen Freiwilligen während der hiesigen "Sommerferien" vereist sind, widme auch mich anderen Beschäftigungen als dem schnöden Herumsitzen im Center.
Vergangene Woche war ich beispielsweise vom Rotary-Club zu einem kleinen Gast-Vortrag in der Faculty of Management Sciences (mitten auf dem Feld in den Western Gats aus dem Boden gestampft) eingeladen, wo ich den Studenten, die meisten aus dem "Cow-Belt" stammend (also dem ländlich geprägten Kuh-Gürtel Punes), über den Nutzen und die Vorteile des Theaterspielens in Zusammenhang mit Management aufklärte. Eine sehr interessante Veranstaltung - diese unbedarften wissbegierigen Augenpaare, die mich da anstarrten. Ich hab nicht die leiseste Ahnung, wie aus diesen Menschen innerhalb von drei Jahren "Manager" und Betriebsleiter gemacht werden sollen, aber mittels ordentlicher Gehirnwäsche ist in Indien glaub ich so ziemlich alles möglich.
Meine zwei Begleiter vom Rotary-Club waren dafür umso Westlicher und Aufgeklärter. Sarfaraz, den Jana und ich über unsere Schule kennengelernt haben, hört beispielsweise nur europäische Schmuse-Songs und war schon mehrfach in Europa, unter anderem zum Schüleraustausch in Lyon und auch seine Begleiterin schätzt den westlichen Lebensstil und ließ es sich auch nicht nehmen, ein bisschen über die kleinen Studenten und deren dörfliche Herkunft abzulästern. Sie wolle die auf jeden Fall mal richtig hart ran nehmen und denen richtiges Sprechen beibringen. Da musste ich irgendwie ein bisschen schmunzeln, weil auch diese gute Frau kein akzentfreies Englisch sprach. Das Witzigste war ihre Reaktion auf den plötzlich einsetzenden Regen auf der Hinfahrt. Sofort rief sie ihre Tochter an, fragte ob denn alles okay sei und wiederholte mindestens zehnmal: "It's raining cats and dogs here, you won't believe: cats and dogs!" Als wir zurückfuhren rief sie erneut zu Hause an und erkundigte sich, ob es denn jetzt auch in Pune schon cats and dogs geregnet hätte und als sie erfuhr, das die ganze Wäsche nass geworden sei, bekam sie gleich einen Anfall, weil sie ja jetzt nicht wisse, wie die wieder trocken wird.
Ja, ja die indische Service-Kultur: Jeder hat mindestens eine/n Bedienstete/n zu Hause, der/die jeden Tag kommt, die komplette Wohnung putzt und wischt, Geschirr abwäscht, Wäsche wäscht, aufräumt und womöglich noch für die ganze Familie kocht. Und das Ganze zum Schnäppchenpreis von 20/30 € im Monat.
Und wenn mal irgendwas Unerwartetes passiert, dann gibt es gleich Chaos oder man sagt dann einfach: "Ach lass das da alles so stehn und liegen. Das macht dann morgen die Putzfrau weg."

Na ja, so viel zum alltäglichen Leben in Indien. Es wabert so vor sich hin und wenn ich in knapp drei Wochen wieder aus dem Urlaub in Nepal zurückkomme, habe ich noch genau zwei Monate, bis es wieder zurück geht in die Heimat. Ein komisches Gefühl, aber auch ein gutes...